Nach einer kurzen aber erholsamen Nacht ging es für uns schon früh Morgens los zur Kartierungstrecke zwischen Hundstodgatterl und ehemaliger Schönbichlalm. Das sogar ohne Frühstück und ohne Kaffee. Glücklicherweise hatten wir ja ein Lunchpaket vom Ingolstädter Haus mitbekommen. Und spätestens am Kärlinger Haus gibt es sicher dann auch einen Kaffee. Etwa eine halbe Stunde Wegstrecke lag bis zu diesem Kartierungs-Abschnitt vor uns. Allerdings mussten einige Altschneefelder überschritten werden, auf denen die Wegfindung nicht immer ganz einfach war. Hier und da waren zwar noch alte Spuren zu finde, aber wenn diese weggeschmolzen waren und die nächste Wegmakierung nicht direkt ins Auge stach, etwas knifflig.
Alles in allem kann man sich aber nicht großartig verlaufen und das Gelände bietet auch keine große Absturzgefahr. Man läuft quasi vom Ingolstädter Haus einen großen Bogen unterhalb des Großen Hundstod (2593 m) sowie Großen Schneiber (2330 m) und genießt dabei immer den Blick ins Steinerne Meer. Dieser verkarstetet Gebirgsstock liegt teilweise im Nationalpark Berchtesgaden und teilweise im Naturpark Weißbach in den Salzburger Kalkalpen. Die wellenartige steinerne Landschaft ist auch Ursprung für den Namen Steinernens Meer. Ein toller Ort und diese Ruhe am frühen Morgen ist unbezahlbar.
Das einzige was zu hören ist, und deswegen sind wir ja hier, sind einige Vögel, die früh morgens schon fleißig zwitschern und sich gelegentlich auch mal zeigen. Darunter zum Beispiel der Bergpieper, Schneehühner, Alpendohlen und Alpenbraunelle. Sogar ein Steinkauz zog, dank seines Rufs, kurzzeitig unsere Aufmerksamkeit auf sich. Die einzigen die sich leider nicht zeigten, waren Steinadler und Bartgeier. Diese majestätischen Tiere gibt es nämlich auch hier in der Region. Die Bartgeier-Paare wurden vor wenigen Jahren erst wieder ausgewildert. Beim nächsten Mal vielleicht.
Auf Höhe der ehemaligen Bärenlochalm, kurz vor dem Großen Hirsch (1993 m), verläuft der Wanderweg zunächst in eine Senke. Hier findet sich wieder etwas grün und dank dem ein oder anderen kleinen Feuchtgebiet blühen hier auch einige farbenprächtige Blumen. Im Folgenden, genau auf der Höhe der ehemaligen Schönbichlalm, steigt der Weg nochmal kurz an. Mittlerweile findet man sich zwischen Latschenkiefern wieder und auf dem Abstieg zum Kärlinger Haus gesellen sich immer mehr Lärchen und Alpenrosen dazu. Dieser Wegabschnitt ist sicher im Herbst die wahre Wucht.
Das Gelände wird etwas steiler und man erblick wenig später zum ersten Mal das schön in einem Kessel gelegene Kärlingerhaus. Auch hier sind die Wiesen mit Trollblumen übersäht. Die zahlreichen Murmeltiere sind weniger scheu wie die im Aufstieg zum Ingolstädter Haus vom Dießbachstausee her, und scheren sich kaum um die zahlreichen Wanderer. Viele sind wie wir, schon früh morgens unterwegs. Die meisten hatten sicher aber schon einen Kaffee beim Frühstück. Und genau den höre ich schon sehr laut vom Kärlingerhaus rufen…
Das Kärlingerhaus liegt etwas oberhalb des kleinen Funtensees. Auf der gegenüber liegenden Seeseite finden sich zwei Almgebäude, über denen sich der Grießkogel (2543 m) gekonnt in Szene setzt. Ein herrlicher Anblick aus satten hellgrünen Wiesen, dunkelgrünem Lärchenwald und grauem, teils noch schneebedecktem, Fels. Die Alpenvereinshütte liegt auf einer Höhe von 1638 Metern und gehört zur DAV Sektion Berchtesgaden. Leider eilt ihr ein nicht wirklich guter Ruf voraus, der sich vor Ort auch bestätigte. Man wird zunächst erstmal gar nicht beachtet und das “Guten Morgen” unsererseits wurde nicht erwidert. Etliche Minuten später gab es dann doch noch ein kurzes Hallo sowie einen recht teuren Kaffee, der vom Frühstück noch über war. So richtig willkommen fühlte man sich hier nicht wirklich. Schade!
Wenigstens war der Kaffee sehr lecker und weckte nochmal ein paar Geister in uns. Wir waren mittlerweile schon etwas über 3 Stunden unterwegs. Apropos Zeit. Die Zeitangaben auf den Wegweisern finde ich im gesamten Gebiet schon recht sportlich. Witzigerweise steht auf dem Wegweiser am Ingolstädter Haus eine Zeit von 3,25 Stunden bis zum Kärlinger Haus. In umgekehrter Richtung steht auf dem Wegweiser, dass man 3 Stunden für den Aufstieg benötigt. Irgendwie klingelt es mir noch im Ohr von meiner Ausbildung als DAV Tourenleiter, dass man für eine gewisse Strecke mit mehrere hundert Höhenmetern länger benötigt, als für die selbe Strecke geradeaus oder sogar bergab.
Wie auch immer, für uns ging es nach kurzer Pause weiter hinauf zum Funtenseesattel. Kurz dahinter zweigt ein Weg zur rechten Seite ab, über den man zum Grünsee und weiter zum Königsee und Obersee gelangt. Unser Weg führte uns aber schnurstracks Richtung Saugasse. Allerdings verläuft hier kein Wanderweg schnurstracks geradeaus. Aber es ist ein herrlich zu laufender Wanderweg, auf dem man gut voran kommt. Oberhalb einer weiten Kehre am Kratzer hat man zum ersten Mal freien Blick hinüber zum Watzmann (2713 m).
Das Tal, durch das die Kleine Saugasse verläuft wird immer enger und man verliert konstant an Höhe. Kurz bevor man die Saugassmauer, eine steile Felswand unmittelbar am linken Wegesrand, erreicht, zweigt noch der Oberlahnersteig ab. Über diesen Steig würde man von hier zum Beispiel ins Wimbachgries gelangen. Kurze zeit später zeigt sich das Steilstück, durch das der Weg in insgesamt 32 Kehren verläuft und welches den rühmlichen Namen Saugasse trägt. Auf einem Wegstück von nur 600 Metern werden hier gut 300 Höhenmeter überwunden. Teilweise bis zu 40 Grad steil ist das Gelände hier.
Hat man die Saugasse bewältigt, gelangt man an eine Art kleine Höhle, in der sich eine Jesusfigur (Foarster Jesus) findet. Eine kleine Bank lädt zur kurzen Rast ein. Danach wird das Gelände allmählich flacher und es geht in einen herrlichen, urwaldartigen Wald hinein. Zahlreiche, zum Teil mannshohe Felsen säumen den Weg. Wenige hundert Meter weiter trifft man auf den Abzweig vom Sigeretsteig, über den man zur ehemaligen Sigeretalm und weiter zum Oberlahnersteig gelangt.
Auf Grund der recht schwülwarmen Temperaturen sind wir über den schattenspendenden Wald sehr dankbar. Der zunehmend breitere Weg lässt sich sehr gut laufen und man kommt schnell voran. Zur rechten Seite gräbt sich der tosende Schrainbach tiefer ins Gelände. Am Mausbachfall vorbei geht es weiter zur Schrainbachalm, an der wir auf eine größere Gruppe mit Bergführer treffen, die sich gerade im Aufstieg befinden. Zuvor quert man noch den Bachlauf und kann die hier flachen Ufer für eine kurze Abkühlung im Nass nutzen.
Der Weg folgt weiter dem Schrainbach und lässt diesen links liegen. Kurze Zeit später erreicht man schon die ersten Serpentinen, die einen hinunter zum Königsee bringen. Hier sind es nur 16 Kehren auf etwa 150 Höhenmeter. Allerdings ist das Gelände auch hier wieder deutlich steiler und man sollte langsam laufen. Die Wanderer oder Bergsteiger, die einem entgegen kommen, tun dies auch. Etwas oberhalb des sehenswerten Schrainbachfalls, findet sich eine Kehre mit der Bezeichnung Stoawandvestl. Eine Erklärung dazu habe ich nicht gefunden, aber die Stelle lohnt sich auf jeden Fall sehr für einen grandiosen Blick auf den hinteren Königsee sowie den Obersee.
Nicht mehr weit ist es jetzt bis ans Ufer des Königsees. Schnell erreicht man das Eisbachgries, in dessen Verlauf sich einige ins abkühlende Nass stürzen. Nach der Durchquerung des Eisgraben wartet noch ein kleines Waldstück auf uns, bevor uns der Weg kurz vor St. Bartholomä gänzlich in die Sonne spukt. Die ein oder andere Orchidee findet sich am Wegesrand und lässt uns doch hier und da noch kurz verweilen.
Angesichts des Trubel in St. Bartholomä haben wir es eh nicht all zu eilig und passen das Anlegen einiger Fähren gekonnt ab, um schnell via Schiff nach Schönau am Königsee zu gelangen. Zuvor genießen wir aber noch den atemberaubenden Anblick der Watzmann Ostwand von der Halbinsel Hirschau aus. Die Tour durch die Ostwand steht auch noch sehr weit oben auf meiner To-Do-Liste. Aber Respekt flöhst mir der Anblick auf jeden Fall auch so schon ein. 1800 Höhenmeter sind es vom Ufer des Sees bis zur Watzmann Südspitze.
Sitzt man dann endlich auf der Fähre und bewegt sich auf den See hinaus wird der Anblick noch besser. Die gewaltige Felswand der Ostwand und davor das malerische St. Bartholomä. Diesen Anblick muss man einfach mögen. Zwar ist hier alles sehr touristisch, der Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Auch, wenn man nicht gerade wie wir von einer langen Tour kommt oder zum Watzmann aufsteigen will. Wer einmal dort war, weiß was ich meine. Für mich war es die erste Tuchfühlung mit einem der markantesten Berge überhaupt und dem Berg schlechthin in den Berchtesgadener Alpen.
Etwa 40 Minuten dauert die Überfahrt nach Schönau am Königsee. Der Anblick der vielen Bootsschuppen ist toll, aber das Getummel, das hier noch viel mehr ist als in St. Bartholomä ist definitiv nichts für uns. Wir holen und schnell ein Eis, halten die Füße nochal kurz in den See und sehen zu, das wir hier weg kommen. Wir wollen ja noch zurück zu unserem Auto in Pürzelbach.
Zunächst Fahren wir dafür mit dem Taxi von der Touristinfomation aus hinüber zum Hintersee bei Ramsau in Berchtesgaden. Den See erblicken wir leider nur kurz vom Auto aus, aber es scheint, als sollte man diesem kleine Juwel auch mal einen ausgiebigen Besuch abstatten. Auf uns wartet noch der Almerlebnisbus, der die Regionen Salzburger Saalachtal (A) und Ramsau bei Hintersee (D) verbindet.
Vom Klausbachhaus aus geht es hinein ins fantastische Klausbachtal, hinauf zum Grenzübergang Hirschbichl und weiter bis nach Weißbach bei Lofer. Wir stegen jedoch am Gasthof Lohfeyer aus und müssen noch etwa 30 Minuten hinauf nach Pürzelbach aufsteigen. Angesichts des nahenden Gewitter und den immer noch schwülwarmen Temperaturen kein Genuss, aber jammern hilft ja nicht. Angekommen am Auto endet dann eine kurze, anstrengende aber auch grandiose Tour durch die Berchtesgadener Alpen. Wir kommen auf jeden Fall wieder, denn die Region hat so viel mehr zu bieten.
Tourinfo
Schwierigkeit
schwer
Streckenlänge
16,9 km
Dauer
6 Std
Aufstieg
198 m
Abstieg
1743 m
GPS Download