Im Rahmen eines Monitorings für die Alpenvögel vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) ging es für uns zu einem Kurztrip in die Berchtesgadener Alpen. Die Gebirgsgruppe rund um Berchtesgaden und den Königsee gehört zu den Nördlichen Ostalpen. Allen bekannt dürfte hier der Watzmann (2713 m) sein und auch der Hochkönig (2941 m), als höchster Gipfel, dürfte den meisten etwas sagen. Eine sehr lohnenswerte Region also, deren Besuch leider von uns aus mit einigen Stunden Anfahrtszeit verbunden ist.
Rein rechnerisch waren es, bis zu unserem Ausgangspunkt in Pürzelbach (A), etwas mehr als 520 Kilometer mit einer Fahrtzeit von gut 5 Stunden. Wenn alles normal läuft. Aber auf Grund eines hohen Verkehrsaufkommen mit mehreren Unfällen an diesem Tag auf den Autobahnen verlängerte sich die Anfahrt schon mal um 2 Stunden. Und danach stand noch der schweißtreibende Aufstieg zum Ingolstädter Haus auf dem Programm. Ein volles Tagesprogramm also.
In Pürzelbach, einem Ortsteil von Weißbach bei Lofer, gibt es am oberen Ortsrand einen schönen kleinen Wanderparkplatz auf dem man für wenige Euro auch etwas länger stehen bleiben kann. Der Wanderweg zur Kallbrunnalm und weiter zum Ingolstädter Haus startet auch genau an diesem Parkplatz. Also nichts wie los… wir müssen noch gut Strecke machen. Laut Wegweiser ist es etwas mehr als 1 Stunde zur Alm. Allerdfings finde ich die Zeitangaben auf den Wegweisern in der Region schon sehr sportlich, was uns am Folgetag auf dem Weg zum Königsee noch viel mehr bewusst wurde.
Bevor man jedoch loswandert, sollte man noch einen Blick hinab ins Saalachtal und auf die Bergkette gegenüber werfen, da erblickt man nämlich die noch teilweise schneebedeckten Leoganger Steinberge mit deren höchstem Gipfel dem Birnhorn (2634 m). Der Ausblick auf diese Gipfelkette und darüber hinaus wird einen noch bis zum Ziel des Tages begleiten. Insofern man ab und zu mal zurückblickt oder der Wegverlauf so ist, das der Blick frei ist. Und dann geht es endlich los. Bei einer drückenden Wärme von 28 Grad fallen die ersten Höhenmeter gar nicht mal so leicht.
Nach gut einem Kilometer hielt in einem kurzen Waldbschnitt ein älterer Herr mit seinem PKW an, und fragte uns, ob er uns bis zur Kallbrunnalm mitnehmen soll. Eigentlich ist das ja so gar nicht mein Fall. Aber da wir doch sehr spät unterwegs waren und noch mehr als 10 Kilometer und über 1000 Höhenmeter im Anstieg vor uns lagen, eine willkommene Gelegenheit ein kurzes Wegstück etwas schneller voranzukommen. Wenige Minuten später standen wir dann vor der schön gelegenen Kallbrunnalm. Die Jausenstation lädt zum verweilen ein und wird von Wanderern und Mountainbikern gerne zu einer Pause oder zur Stärkung genutzt.
Die Alm ist herrlich gelegen und bietet einen tollen Ausblick auf die Berg rund um das Seehorn (2321 m). Und in der Ferne kann das geübte Auge schon das Tagesziel unterhalb des Kleinen Hundstod (2263 m) ausmachen. Weiter geht es an der Käsehütte und wunderschönen Bergmähwiesen, auf denen unzählige Orchideen den Blick auf sich ziehen, vorbei, zunächst etwas bergab. Der Weg verläuft zur Staumauer des Dießbachstausees, von der aus man einen grandiosen Blick vom Tal aufwärts Richtung Großem Hundstod (2593 m) genießt.
Hat man die Staumauer überschritten wartet ein großes Eisentor, welches zunächst den Weg versperrt. Durch eine Tür gelangt man gekonnt auf die andere Seite und kann der nun schmaleren Fahrstraße am See entlang folgen. Nach einem Blick auf die Karte bin ich zunächst davon ausgegangen, dass der Wegverlauf ungefähr der Wasserlinie folgt. Dem ist aber nicht so. Stattdessen wartet eine ordentliche Rampe auf einen. Hat man dieser erklommen, geht es die selben Höhenmeter wieder runter. Am Ende des Stausees ist der Weg dann wieder fast auf dem Niveau des Wasserspiegels.
Von den Qualen des Aufstiegs lenken einen die blühenden Blumen am Wegesrand ab. Dort erblickt man zum Beispiel Rote Lichtnelken, den Rundblättrigen Steinbrech, blau leuchtenden Enzian und Trollblumen. Von denen gibt es hier hunderte, ach was, tausende. Der ganze Wald ist voller Trollblumen. Ein fantastischer Anblick. Etwa einen halben Kilometer nachdem man den Stausee hinter sich gelassen hat, trifft der Weg auf den Dießbach. Dieser macht lautstark auf sich aufmerksam und lädt an der ein oder anderen Stelle zum Kneipen ein. Gesagt, getan. Eine willkommene Abwechslung für die sonst in die Bergschuhe geschnürten Füße.
Verdammt ist das kalt… aber sowas von wohltuend. Und noch dazu an einer Stelle am Rande des Bachlaufs, den man an Hand seiner Farben auch in die Karibik stecken könnte. Hellblaues Wasser und weißer Sand unter den Füßen. Vermutlich ist in der Karibik aber das Wasser deutlich wärmer. Man verlässt den Dießbach wieder und folgt dem Weg hinauf zur ehemaligen Mitterkaseralm. Hier findet sich auch die Talstation des Versorgungslift für das Ingolstädter Haus. Respekt für denjenigen, der von der Staumauer bis hier her mit einem Auto plus vollgepacktem Anhänger fährt. Da braucht man schon ein ruhiges Händchen und ne ordentliche Portion Mumm in den Knochen.
Viele Kilometer, bevor man vor der beeindruckenden Mitterkaserwand steht, sieht man diese schon hin und wieder auf dem Weg bis hierher. Nicht ganz 100 Meter hoch ist das breite Felsband, das nun steil vor einem aufragt. Der Weg verläuft jedoch, bevor man den Wandfuß erreicht links weg. Apropos Weg. Ab der ehemaligen Mitterkaseralm gibt es nur noch einen schmalen Pfad, auf dem man weiter bergauf gelangt. Viel schöner gefallen mir solche Bergpfade, als die breiten Schotterpisten davor.
Unterhalb des Diesbacher Eck (2203 m) teilt sich der Weg. Folgt man dem Weg am Bachlauf entlang, gelangt man zum Beispiel hinauf auf das Seehorn (2321 m) und kann dies in Richtung Kallbrunnalm überschreiten. Richtung Ingolstädter Haus geht es allerdings unterhalb der steilen Felswände von Diesbacher Eck und Kleiner Hundstod (2263 m) entlang. Ein Schild an der Weggabelung warnt vor Steinschlag und weist darauf hin, den folgenden Wegabschnitt zügig zu durchschreiten.
Mittlerweile hat man die 2000er Marke überschritten und es ist nicht mehr weit bis zum Ziel. Wer aber denkt, dass das Ingolstädter Haus hinter der nächsten Ecke, die man noch nicht einsehen kann, liegt, der wird enttäuscht. Es sind zwar nur noch wenige hundert Meter bis zur Schutzhütte, aber die fordern zu guter Letzt nochmal kurz die Konzentration. Es gilt einige Altschneefelder zu queren, die aber auch ohne Grödeln gut machbar sind. Vor wenigen Tagen lag hier noch deutlich mehr Schnee. Uns spieleten die warmen Temperaturen der letzten zwei Tage in dieser Sache in die Karten.
Dann aber ist es endlich geschafft. Nach gut 5 Stunden, 12,5 Kilometern und 1182 Höhenmetern stehen wir vor dem beeindruckend gelegenen Ingolstäder Haus. Das liegt tatsächlich nur einen Steinwurf entfernt vom Nationalpark Berchtesgaden im Steinernen Meer. Von der Terrasse aus hat man auf genau das, einen grandiosen Blick. In südlicher Richtung ragen die Schindlköpfe (2356 m) unweit der Hütte auf. In nördlicher Richtung versperren einem Kleiner- und Großer Hundstod (2593 m) die Sicht und über das Steinerne Meer hinweg liegt die Schönfeldspitze (2653 m) unverkennbar in östlicher Richtung. Ebenfalls gut zu erkennen ist der Funtenseetauern (2578 m), ebenfalls in östlicher Richtung.
Die Schutzhütte auf 2119 Metern gehört zur DAV Sektion Ingolstadt. Es gibt insgesamt 104 Übernachtungsplätze in Mehrbettzimmern oder Bettenlagern. 8 weitere Schlafplätze bietet der Winterraum. Über dem Eingang prangt ein Schild mit der Höhenangabe von 2132 Metern. Woher der Unterschied zur Angabe von 2119 Metern kommt, ist mir bislang unklar. Der Empfang ist herzlich und wir kommen gerade noch rechtzeitig, um noch Abendessen à la carte bestellen zu können. Der Abend klingt mit ein paar kühlen Radlern auf der sonnenüberfluteten südlichen Terrasse aus und hält noch einen fantastischen Sonnenuntergang für alle Gäste bereit, als die Sonne hinter dem Kleinen Hundstod verschwindet.
Da es für uns am nächsten Morgen tatsächlich sehr früh wieder raus ging und wir sogar auf das Frühstück verzichten mussten, wurde am Abend noch ein Lunchpaket für wenige Euro für uns zusammengestellt. Schade das unser erster Aufenthalt hier recht kurz war. Aber wir kommen wieder, und dann wird auch der ein oder andere Gipfel drumherum in Angriff genommen. Dafür war dieses Mal tatsächlich keine Zeit. Aber lohnenswert sind sie auf jeden Fall.
Tourinfo
Schwierigkeit
schwer
Streckenlänge
12,3 km
Dauer
5 Std
Aufstieg
1182 m
Abstieg
145 m
GPS Download