Messer selber bauen
Man baut sein eigenes Messer aus Carbonstahl und gestalten dabei den Messergriff mit edlen Hölzern oder anderen Materialien.
Vorstellung
Wer oder was ist Schmiedeglut?
Wer möchte nicht sein eigenes Messer schmieden und damit wilde Outdoor-Abenteuer bestehen? Ich hatte schon länger den Wunsch solch einen Kurs zu besuchen und dabei ein Messer nach meinen Vorstellungen zu gestalten. Wie gut, dass es fast vor meiner Haustür einen Anbieter für genau solche Ideen gibt. Gemeint ist Schmiedeglut im Vogelsberg. Hier werden nicht nur Männerträume wahr, sondern alle Liebhaber von hochwertigen und handgefertigten Messern kommen voll und ganz auf ihre Kosten.
Die Webseite von Schmiedeglut verspricht die Herstellung von „handgemachte Damastmesser nach Wunsch, Küchenmesser, Gebrauchsmesser oder Jagd- und Outdoormesser aus Cabonstahl und Damaststahl. Messer von höchster Qualität.“ Und vorweg kann ich sagen, hier wird einem nicht zu viel versprochen. Worauf also noch warten? Nichts wie ins Auto, und ab nach Grebenhain bzw. in den Grebenhainer Ortsteil Vaitshain. Denn genau dort findet man die Werkstätten und Schulungsräume von Schmiedeglut.
Der erste Tag
Entwerfen, Flexen & Schleifen
Voller Aufregung ging es am erste Tag früh morgens los. Die Tage zuvor hatte ich mir noch einige Videos von Survival Maddin und Co. angeschaut um eine grobe Vorstellung vom Kurs zu bekommen. Denn die Youtuber-Szene war schon namhaft bei Schmiedeglut vertreten. Ausgerüstet mit feuerfester Baumwollkleidung, Lederhandschuhen, Schutzbrille und Gehörschutz werden dann die heiligen Hallen betreten und man lernt die anderen Kursteilnehmer kennen. Unser Kurs war, wie tatsächlich die meisten Kurse, komplett ausgebucht. Eine bunt zusammengewürfelte Truppe aus ganz Deutschland trifft sich, um zu Beginn den Worten des Kursleiters zu lauschen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde mit den Wünschen und Ideen jedes Teilnehmers sowie der folgenden Sicherheitseinweisung ging es dann auch gleich los. Es gab ja schließlich viel zu tun.
Zunächst wird übrigens noch mit der leicht irreführenden Kursbeschreibung aufgeräumt. Denn es handelt sich bei dem 2-Tage Kurs tatsächlich nicht um einen wirklichen Schmiedekurs, sondern eher um einen Messer-Bau-Kurs. Wirklich geschmiedet wird nur in den 3 tägigen Damastmesser-Kursen. Der Carbonstahl für Küchenmesser, Outdoormesser und Co. ist quasi schon fix und fertig und muss nicht mehr geschmiedet werden. Daher gilt es am Anfang seine Idee zunächst auf den Stahl zu übertragen. Für den Fall, das man noch gar keine genaue Vorstellung von seinem eigene Messer hat, sind diverse Schablonen vor Ort hilfreich. Steht die Messerform, kann es auch gleich an die Flex gehen, um die grobe Form des zukünftigen Messers herauszuarbeiten.
Und dann heißt es Schleifen, Schleifen und noch mehr Schleifen. Das ist mehr oder weniger die Hauptbeschäftigung des Kurses. Und wer jetzt denkt, wie langweilig, dem sei gesagt, es macht so viel Spaß Schritt für Schritt sein eigenes Messer entstehen zu lassen und zu sehen, wie aus einem einfachen Stück Flachstahl ein einzigartiges Messer wird. An unterschiedlichen Bandschleifern wird die genaue Form des Messers herausgearbeitet und man erkennt tatsächlich relativ schnell, wie das Messer mal aussehen könnte. Allerdings ist bei jedem Arbeitsschritt auch Vorsicht geboten und man muss schauen, das man nicht zu viel Material wegschleift. Gerade bei den folgenden Arbeitsschritten ist das sehr wichtig. Aber unser Kursleiter stand einem zu jeder Zeit mit Rat und Tat zur Seite. Und bevor man sich sein eigenes Messer ruiniert, legte er selber auch mal Hand an.
Gerade wenn es an das Schleifen der Schneide geht ist besondere Vorsicht geboten und viel Fingerspitzengefühl von Nöten. Hier kann man tatsächlich sehr schnell viel kaputt machen. Nachdem die Messerform stimmt und die Klinge ihren ersten Schliff bekommen hat, folgt am ersten Tag noch das Bohren der Bohrlöcher zum befestigen der Griffschalen und der Fangöse, das Härten der Klinge im Ofen mit anschließendem Ölbad sowie das Aussuchen des gewünschten Griffmaterials. Normale Griffhölzer sind im Kurs-Preis enthalten. Für spezielle Hölzer oder andere Materialien fallen nochmal Extrakosten an.
Yeah...
Es wird doch geschmiedet
Damit alle Kursteilnehmer nicht enttäuscht sind, darf am ersten Tag doch mal geschmiedet werden. Wobei ich auf gar keinen Fall enttäuscht gewesen wäre, wenn die Möglichkeit nicht bestanden hätte. Aber cool, ähm… heiß war es trotzdem. Die Gasessen wurden angeheizt und auf Temperatur gebracht und danach durfte jeder mal rann und sich ausprobieren.
Es ist schon ein geniales Erlebnis selbst mal ein Stück glühendes Metall mit Hammer und Amboss in Form zu bringen. Diese Hitze, der Lärm, der Geruch. Hat schon was das Schmieden. Ist aber auch ein Knochenjob. Zumindest wenn man gar keine Ahnung von dem hat, was man da eigentlich tut. Bei Einigen hat es besser geklappt und bei Anderen etwas weniger gut. Eine tolle Erfahrung war es trotzdem.
Einblicke in den Schmiedekurs
Bilder vom 2 tägigen Messerschmiedekurs
Der zweite Tag
Kleben, Schleifen & noch mehr Schleifen
Am nächsten Tag wartet ebenfalls nochmal viel Arbeit auf jeden Kursteilnehmer. Zunächst gilt es die grobe Griffform auf das gewählte Material zu übertragen. Und wer hätte es gedacht, danach wird wieder geschliffen. Das überschüssige Material muss zunächst erstmal weg. Manche von uns entschieden sich, ihre Klinge noch mit einen Stonewash-Look zu versehen. Das erreicht man, indem die Klinge für 3 Minuten mit Steinen in einer Trommel behandelt wird, wodurch die Oberfläche leicht abgenutzt wird und ein Used-Look entsteht. Das war dann der folgende Arbeitsschritt.
Danach gilt es die beiden Griffschalen mit den Stiften, der Öse und dem Metall zu verbinden. Alle Materialien werden dazu mit einem speziellen Zweikomponetenkleber zusammen geklebt. Das dauert etwa 10 Minuten. Ganz allmählich nimmt so das individuelle Einzelstück Form an. Ist alles verklebt gilt es sich wieder dem Bandschleifer zu widmen. Denn es gilt die Griffschalen in Form zu bringen und nach und nach Rundungen in das Material einzuschleifen. Hat man die groben Arbeiten mit dem Bandschleifer erledigt geht das Schleifen von Hand weiter. Dabei wird das Schleifpapier von Schritt zu Schritt immer feiner. Ich hatte mich für eine Griffschale aus stabilisiertem Holz entschieden. Hierbei kommt die Maserung des Holzes immer mehr zu Geltung und der Griff ist nach dem Polieren zum Schluss glatt wie ein Babypopo.
Als Letztes erhielt die Klinge des Messers ihren finalen messerscharfen Schliff. Damit jeder ein wirklich extrem scharfes Messer bekommt, wurde dieser Schritt vom Kursleiter übernommen. Ich hätte mir sonst vermutlich das Messer komplett ruiniert. Und das, obwohl ich als ehemaliger Schreiner handwerklich nicht gerade ungeschickt bin. So ist es aber definitiv besser. Und das Endprodukt überzeugt in ganzer Linie. Auch die Messer der anderen Teilnehmer sind mega gut gelungen und jedes einzelne ein Unikat.
Was nicht vergessen werden darf, ist die Thematik mit dem Messerschärfen. Denn diese wurde am letzten Tag zwischen den Arbeitsschritten auch nochmal aufgegriffen. Dazu kann man im Kurs auch noch Diamantleder, Schleifsteine, Abziehleder und viele weitere Utensilien erwerben. Somit ist garantiert, dass man immer ein scharfes Messer in Händen hält. Zumindest bei guter Handhabung und Pflege. Für alle die kein Scharfes Messer mehr haben oder das Schärfen gar lernen wollen bietet Schmiedeglut auch spezielle Kurs an.
Abschließende Worte
Fazit
Zwei volle Tage mit viel Staub, Schwitzen, Schleifen, Hämmern, Bohren und noch mehr Schleifen. Und das alles wofür? Für ein absolut geniales Messer, das man selber geschaffen hat und zum Schluss stolz in Händen hält. Ich will im Einzelnen nicht auf die Kosten des Kurses eingehen. Ja, es ist viel Geld für eine 2 tägigen Kurs, aber es ist jeden Cent wert. Man bekommt ein vollumfängliches Rundumpaket das keine Wünsche offen lässt. Eine Tatsache dabei spricht denke ich für sich, die meisten Kurse bei Schmiedeglut sind schon Wochen oder gar Monate im Voraus ausgebucht. Wenn das Gesamtpaket nicht stimmig wäre, dann wäre das sicher auch anders. Ich kann einen Kurs, egal ob 2 oder 3 Tage, absolut jedem empfehlen, der Interesse für die Herstellung eines eigenen Messers hat. Egal ob für die Küche, die Jagd oder den Outdoorbereich. Lasst euch selber überzeugen und bucht einen Kurs, es wird keiner enttäuscht.
Vielen Dank an meine Freundin, meine Familie, alle Kursteilnehmer und das gesamte Team von Schmiedeglut. Ich komme wieder…vielleicht! Ach Quatsch, ganz sicher sogar.