Nach einer relativ erholsamen Nacht und einem kurzen Frühstück in der Gafadurahütte, ging es für uns früh Morgens schon auf die zweite Etappe der Hüttentour durch das Fürstentum Liechtenstein. Zu dieser Stunde lag die Hütte noch im Schatten des Drei-Schwestern-Massivs, das an diesem Tag überschritten werden wollte. Die Wettervorhersage war, wie schon am Tag zuvor, perfekt. Somit genossen wir tatsächlich noch den ersten Anstieg im schattenspendenden Wald.
Wenige Meter von der Hütte entfernt folgt ein schmaler Bergpfad zur linken Seite hinauf in den Sattelwald. Über wurzelige Abschnitte geht es dem Sarojasattel entgegen. Direkt am Sattel verläuft die Grenze zwischen dem Fürstentum und der Republik Österreich. Eine tolle Aussicht genießt man schon hier. Nördlich ist, über den teils bewaldeten Saroja (1659m) hinweg, sogar der Bodensee auszumachen. Östlich blickt man in das Saminatal und nördlich lassen die Felstürme an den Drei-Schwestern erahnen, was bald auf einen zukommt.
Über eine kleine Almwiese verläuft der Weg zunächst etwas flacher, bevor er dann im folgenden Waldstück erneut steiler ansteigt. Der Weg wird zunehmend immer felsiger und schon bald erreicht man die Felsbänder am Jahnturm. Es folgen ein mega cooles Felsenfenster, durch das der Weg direkt hindurch verläuft, und einige Leiterpassagen unweit des Wolan (2034m). Auf dem Wolan steht ein hölzernes Gipfelkreuz, und ich dachte zunächst es wäre schon der Hauptgipfel der Drei-Schwestern. Das dem aber nicht so ist, bemerkte ich wenig später.
Auf dem Hauptgipfel der Drei-Schwestern steht nämlich gar kein Gipfelkreuz. Dort findet sich nur ein Metallkasten mit Gipfelbuch. Die Aussicht von hier oben ist bei herrlichen Wetterbedingungen atemberaubend. Man erblickt die Ebene des Rheintals, weite Teile des Rätikons sowie zahlreiche Gipfel in der Schweiz und dem österreichischem Vorarlberg. Und natürlich den Weg, auf dem man hier hochgekommen ist, und auf der anderen Seite dem Grat folgend den Weg weiter zum Garsellikopf (2104m) und dem Kuehgrat (2123m).
Zu den Drei-Schwestern gehören übrigens die Kleine Schwester (2024m), die Mittlere Schwester (2034m) sowie der Hauptgipfel die Große Schwester (2053m). Und wie die meisten sicherlich schon vermuten, leitet sich der Name der Drei-Schwestern natürlich von einer Sage ab. Diese wurden nämlich hier, wegen eines angeblichen Vergehens, zur Strafe versteinert. Nach kurzer Rast und massig vielen Bildern auf der Kamera geht es dann zunächst an einen stellenweise versicherten Abstieg. Apropos versichert! Absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit gelten als Grundvoraussetzung für die Begehung des Drei-Schwestern-Steigs.
An einigen Stellen muss man, sowohl im Auf- als auch im Abstieg, die Hände mit dazu nehmen um voran zu kommen. Hat man die anspruchsvolleren Stellen hinter sich gelassen, folgt ein schmaler Bergweg etwas unterhalb des Grats auf österreichischem Staatsgebiet. Ohne großes Auf und Ab geht es durch Latschenkiefern hindurch dem Garsellikopf entgegen. Der Wegverlauf hinauf zum Gipfel ist schon vorher gut erkennbar und etwas weniger anspruchsvoll, als jener auf die Drei-Schwestern.
Auf dem Gipfel des Garsellikopf gibt es erneut kein Gipfelkreuz. Hier steht nur ein Betonklotz mit einem, nun ja, nennen wir es mal metallenen Kreuz. Die Aussicht ist abermals genial und man erkennt sehr gut, dass auf dem nächsten Gipfel, auf den es danach noch drauf geht, ein Gipfelkreuz steht. Warum die Überschreitung des gesamten Massivs auch zum Liechtensteiner Panoramaweg gehört, versteht sich von selbst, wenn man hier oben steht. Warum war ich hier nicht schon vorher mal unterwegs?
Der Abstieg vom Garsellikopf ist wieder teilweise Drahtseil versichert und stellenweise wurden ganze Betontreppen in den Berg gegossen. Diese Betonstufen sind ab und an recht steil, aber man kommt trotzdem sicher und gut voran. Der tolle schmale Pfad führt im Anschluss erneut durch Ansammlungen von Latschenkiefern, ist aber deutlich felsiger als der Abschnitt von den Drei-Schwestern zum Garsellikopf. Der Anstieg, hinauf auf den höchsten Punkt der gesamten Tagesetappe, lässt sich gut bewältigen. Nutzt man mal eine Stelle, um kurz durchzuschnaufen, kann man dabei eine Blick zurück werfen und erblickt den spannenden Weg zwischen den beiden Gipfeln. Und dann steht man endlich, auf einer Höhe von 2123 Metern, an einem Gipfelkreuz.
Was wäre auch eine Bergtour ohne Gipfelkreuz? Vermutlich genauso schön. Aber diese Kreuze auf unzähligen Gipfeln weltweit haben auf viele Menschen eine enorme Anziehungskraft. So auch auf uns. Endlich ein Gipfelbild mit Kreuz. Der Kuehgrat ist der höchste Gipfel in der Drei-Schwestern-Kette. Und was soll ich sagen, auch vom dritten Gipfel an diesem Tag hat man eine atemberaubende Aussicht. Unten im Rheintal erblickt man zahlreiche Ortschaften und auch das südliche Ende Liechtensteins ist gut auszumachen. In südlicher Richtung ist auch der höchste Berg Liechtensteins, die Vorder Grauspitz (2599m) gut zu erkennen. Das Valünatal verläuft direkt darauf zu, wird aber teilweise von Alpspitz (1942m) und Helwangspitz (2000m) verdeckt.
Der zunächst noch felsige Abstieg vom Kuehgrat wird schnell zu einem schönen Bergpfad. Auch dieser ist wieder beidseits des Grats von Latschenkiefern umgeben. Etwa auf halbem Weg zum Alpspitz liegt rechts, unweit des Hauptwegs, die Gafleispitz (1982m). Da es nur etwa 150 Meter bis zum Gipfel sind, wird der kurze Abstecher natürlich mitgenommen. Zurück auf dem Hauptweg geht es wieder in Richtung Süden weiter, direkt auf das nächste Highlight der Tour zu. Der Weg verliert schnell an Höhe und man unterschreitet sogar kurzzeitig die 1800 Meter Marke.
Bevor man den Abstieg zum Fürstensteig am Gafleisattel erreicht, gilt es allerdings nochmals knapp 100 Höhenmeter zu erklimmen. Ein Hinweisschild am oberen Ende des Fürstensteig weißt auf die Gefahr von Felssturz und Steinschlag hin. Also nichts wie Helm auf, und weiter geht’s. Das Fürstentum Liechtenstein ist übrigens der sechstkleinste Staat der Erde und wird, wie der Name ja schon verrät, von einem Fürst regiert. Aktuell ist dies Fürst Hans-Adam II. Und wenn ein Land schon einen Fürsten hat, versteht es sich doch fast von selbst, dass es in der Bergregion auch einen Fürstensteig gibt.
Dieser Alpine Bergwanderweg schlängelt sich durch die Nordwestwand des Alpspitz vom Gafleisattel bis hinab nach Gaflei in Triesenberg. Es ist ein grandioser Wegabschnitt der auf jeden Fall Trittsicherheit und Schwindelfreiheit verlangt. Größtenteils wurde der Weg in den Fels geschlagen. An manchen Stellen ist dieser mit Drahtseilen gesichert. Gelegentlich finden sich aber auch Holzstege oder Betonstufen, die das Begehen erleichtern. Etwas mehr wie ein Kilometer ist der Fürstensteig lang, und wird häufig im Aufstieg begangen. Wir hatten tatsächlich Glück, den Steig überhaupt gehen zu können. Denn wenige Tage zuvor gab es dort einen Felssturz, der den Weg für einige Tage unpassierbar machte.
Etwa 150 Höhenmeter tiefer gelangt man an einen Aussichtspunkt hoch über Vaduz. Etwas unterhalb liegt der Aussichtsturm Gaflei unweit des Clinicum Alpinum, einer Fachklinik für Depressionen und Stress- bzw. Erschöpfungszustände. Da bei uns keinerlei Symptome der genannten Erkrankungen vorlagen, ging es nach einer kurzen Rast weiter. Etwa 5 Kilometer und 400 Höhenmeter im Abstieg lagen noch vor uns. Der zunächst noch schmal Pfad wird bald wieder breiter und führt durch bewaldete Abschnitte und über Almwiesen hinweg. Vom Weg, oberhalb des kleinen Ortes Bärg aus, genießt man erneut einen fantastischen Blick ins Rheintal und auf die umgebenden Berge.
Via Färchaneggstraße gelangt man weiter zur wunderschön gelegenen Alp Silum. Hier lohnt es sich auch, bei Bedarf die Wasserreserven aufzufüllen. Es folgt erneut ein herrlicher Wanderweg, der hier den Namen Chranchweg trägt. Der Weg verläuft entlang kleiner Lichtungen, auf denen hier und da hölzernen Hütten stehen, die vermutlich zum Trocknen von Heu verwendet werden. Danach verschwindet der Pfad dann wieder im Wald. Nach gut einem Kilometer erreicht man dann eine befestigte Straße. Auf der linken Seite erblickt man einige gesicherte Felswände und gelangt nach kurzem Anstieg an einen kleinen Tunnel.
Angekommen auf der anderen Seite, wissen die Augen erst gar nicht wo sie zu erst hinschauen sollen. Man steht oberhalb des wunderschönen Saminatals. Auf befestigtem Weg geht es ein kurzes Stück hinab zum Berggasthaus Sücka, was eigentlich für die zweite Übernachtung ideal gelegen ist. Aktuell sind dort aber, auf Grund von Sanierungsarbeiten, keine Übernachtungen möglich, und so mussten wir, nach kurzer Stärkung im Alpstall Lädeli, noch ein kurzes Stück weiter gehen. Der Wanderweg oberhalb der Sückastraße bringt einen schnell hinab zur Bushaltestelle nach Steg. Von etwas weiter oben hat man einen tollen Blick auf den beschaulichen Ort im Saminatal, der als Rechtecksiedlung angelegt ist. Eine traumhafte Bergszenerie die wir nur ungern, via Bus nach Malbun, verlassen haben. Im Sport- und Naturhotel Turna endete dann der zweite Tag der Hüttentour.
Schwierigkeit
schwer
Streckenlänge
14,4 km
Dauer
8 Std
Aufstieg
936 m
Abstieg
1092 m
GPS Download