Viele würden bei dem Thema Karte und Kompass in der heutigen Zeit, wo Smartphones und Navigationsgeräte unser Leben erleichtern, wohl sagen das ganze ist ja Old School. Ich würde eher sagen, es ist Back to the Basic und gar nicht alt und überholt.

Ich selber nutze sehr häufig ein GPS Gerät auf meinen Touren, um eine geplante Tour abzulaufen oder eine neue Tour für einen Tourenbericht aufzuzeichnen. Aber den Umgang mit Karte & Kompass sollte meiner Meinung nach jeder beherschen, der gerne und viel in der Natur unterwegs ist.

In dem Buch Orientierung mit Karte, Kompass, GPS von Wolfgang Linke fand ich eine Aussage sehr passend zum Thema. Und zwar: GPS ergänzt den Kompass, ersetzt Ihn aber nicht. Daher kann der Umgang mit eben allen Hilfsmittels wie GPS Geräten, Karten und Kompass definitiv nicht schaden.

Bei meiner Ausbildung zum DAV Wanderleiter war der Umgang mit Karte & Kompass auch Teil der Ausbildung und wir wurden geschult, mit diesen Werkzeugen umgehen zu können. 

 

Kartenmaterial

Auf dem Markt gibt es sehr viele unterschiedliche Karten in wiederum unterschiedlichen Maßstäben. Und beim Maßstab sind wir schon mal bei einem wichtigen Thema wenn man sich eine Karte für seine geplante Tour anschaffen will.

Die besten Karten für Outdoor-Aktivitäten sind diese in den Maßstäben 1 : 25000 oder 1 : 50000. Je kleiner also die Zahl desto mehr Details erkenne ich auf der Karte, da sie etwas genauer ist. Allerdings ist der Ausschnitt des dargestellten Bereichs auch dementsprechend kleiner. Für das Wandern oder Touren in den Bergen sind Karten im Maßstab 1 : 25000 perfekt geeignet wie z.B. die AV-Karten. Bei Radtouren sind Karten im Maßstab 1 : 50000 vollkommen ausreichend.

Maßstab 1 : 25000

1 cm auf der Karte entspricht 25000 cm in der Natur – also 250 Meter

( 4 cm auf der Karte = 1 km in der Natur )

Maßstab 1 : 50000

1 cm auf der Karte entspricht 50000 cm in der Natur – also 500 Meter

( 2 cm auf der Karte = 1 km in der Natur )

Maßstab 1 : 100000

1 cm auf der Karte entspricht 100000 cm in der Natur – also 1 Kilometer

( 1 cm auf der Karte = 1 km in der Natur )

Moderne Karten besitzen alle eine Legende, wo man alle Angaben zu den verwendeten Zeichen auf der Karte bekommt. Meistens finden sich hier ebenfalls Angaben wie z.B. den Maßstab, der Kartenname oder der Herausgeber sowie das Erstellungsdatum eben jener Karte. 

Im Kartenrahmen findet man zusätzliche Informationen wie z.B. das UTM Gitternetz. UTM bedeutet Universal Transverse Mercator und ist ein globales Koordinatensystem. Dies wird benötigt um die Koordinaten eines bestimmten Punktes innerhalb der Karte zu bestimmen.

Der obere Kartenrand ist bei allen Karten immer Norden. Anhand dieser Information kann ich mich mit Hilfe einer Karte schon mal im Gelände grob orientieren. Wie das genau geht findet Ihr bestens erklärt in einem Video von Kai Sackmann von Sacki Survival

diverse Karten in unterschiedlichen Maßstäben
Die Legende mit allen wichtigen Angaben
Angaben zum Kartenausschnitt und Maßstab

Spiegelkompass

Auf dem Markt gibt es viele unterschiedliche Kompasse von günstig bis teuer. Und ja, es heißt wirklich so und nicht Kompanten, wie viel umgangssprachlich sagen. Ich selber nutze den Suunto MC-2 Spigelkompass, da mir dieser Kompass alles bietet was ich benötige. Dieses Modell ist nicht gerade preiswert, aber auf jeden Fall seinen Anschaffungspreis wert, im Gegensatz zu einem null-acht-fünfzehn Modell für 10 €.

Wer noch etwas mehr Geld ausgeben möchte, dem sei der Suunto MC-2 G ans Herz gelegt. Dieses Modell kann weltweit ( G = Global ) genutzt werden, wohingegen meiner nur auf der Nordhalbkugel fehlerfrei funktioniert. Dies hat etwas mit dem Magnetlinienverlauf auf der Südhalbkugel zu tun, welcher den Kompass dort negativ beeinflussen würde und die Kompassnadel dadurch nicht mehr genau nach Norden zeigen würde.

Die wichtigsten Eigenschaften des Suunto MC-2 sind:

  • Hochwertige Edelstahlnadel mit Edelsteinlager
  • Nach Norden ausgerichtet
  • Einstellbare Deklinationskorrektur
  • Flüssigkeitsgefüllte Kapsel für stabilen Betrieb
  • Spiegel für Richtungspeilung und Signalgebung
  • Peilloch und Kimme für präzise Richtungsbestimmung
  • Klinometer ( Neigungswinkelmesser )
  • Leuchtmarkierungen für Arbeiten in schlechtem Licht
  • Metrische UTM Skalen und Inch-Messer
  • Bodenplatte mit Lupe
  • Kordel mit Schnappschloss zum Fixieren am Handgelenk.
zugeklappter Kompass auf Karte
Der Suunto MC-2 Kompass auf einer Wanderkarte
Kompassdose mit Drehring, Anlegelinealen, Marschrichtungspfeil und Lupe

Gute Kompasse lassen eine so genannte Deklinationskorrektur zu. Das bedeutet man kann den Kompass, für die Arbeit mit der Karte, auf den geografischen Nordpol stellen, denn alle Karten sind auf diesen Punkt ausgerichtet. Die Nadel eines Kompass zeigt, bei nach Norden ausgerichteten Kompassen, immer auf den magnetischen Nordpol, was zu einer gewissen Abweichung beim Peilen und Bestimmen von Punkten auf der Karte führen kann. Wie man so eine Korrektur vornimmt erfahrt Ihr ebenfalls in einem Video von Kai Sackmann. Für den normalen Umgang im Mitteleuropäischen-Bereich ist dies aber nicht unbedingt von Nöten, da die Abweichung je nach Standort sehr gering ist und somit vernachlässigt werden kann.  

Richtungsbestimmung & Karte einnorden

Um die Richtung zu bestimmen nimmt man den Kompass am besten auf die flache Hand und lässt sich die Nadel einpendeln. Somit weiß ich schonmal sehr einfach und schnell wo Norden ist. Wer es jetzt zum Bestimmen der restlichen Himmelsrichtungen einfach haben will, der dreht den Drehring auf der Kompassdose soweit, dass das N genau auf der Spitze der Kompassnadel liegt und schon kann ich ablesen wo sich welche Himmelsrichtung befindet.

Damit ich nun die Karte einnorden kann, muss ich zunächst den Drehring des Kompass wieder in Ausgangsposition bringen. Das heißt der aufgedruckte rote Pfeil auf der Kompassdose verläuft in einer geraden Linie wie der Marschrichtungspfleil nach oben. Der Marschrichtungspfeil ist ebenfalls ein aufgedruckter roter Pfeil und zeigt, wie der Name schon sagt, in Marschrichtung. 

Nun lege ich den Kompass mit der seitlichen Kante wahlweise genau an den Rand oder an eine aufrechte Gitterlinien auf der Karte. Danach drehe ich beides zusammen solange, bis die Kompassnadel genau auf das N am Drehring zeigt und schon ist die Karte eingenordet.  

Standortbestimmung mit Kreuzpeilung

Eine gute Möglichkeit um seinen eigene Standort im freien Gelämde auf der Karte möglichst genau zu ermitteln, ist die Kreuzpeilung oder auch rückwärts Einschneiden genannt.  Hierfür muss ich zu Beginn die Karte natürlich erstmal einnorden und sollte das Gebiet in dem ich mich Aufhalte zumindest grob bestimmen können. Danach kann ich die Karte mit meiner Umgebung abgleichen und nach markanten Punkten ( Kirchtürme, Gipfelkreuze, große Gebäude usw. ) Ausschau halten.

Man braucht mindestens zwei markante Punkte. Habe ich mehr als 2 Punkte zum Peilen wird das Ermitteln des eigenen Standorts noch genauer. Zum Anpeilen der markanten Punkte halte ich den aufgeklappten Kompass an der angebrachten Kordel und schaue, in Richtung der Marschrichtungspfeile, über den Kompass und durch das Peilloch sowie die Kimme im Peilloch oder am oberen Ende des Klappspiegel. Quasi wie beim Schießen mit einem Gewehr.

Habe ich das Ziel erfolgreich angepeilt dreht man nun die Kompassrose so lange bis die Kompassnadel genau auf die Nordmarkierung zeigt. Jetzt kann ich die Richtung auf dem Kompass ablesen und die Gradangabe auf die Karte übertragen. Zum Übertragen der Richtung leget man den Kompass mit einer seiner Kanten an das angepeilte Ziel wie z.B. einen Turm und dreht danach den gesamten Kompass achsengerecht bis die Nadelspitze wieder exakt über der Nordmarke liegt. Danach ziehe ich mir, am besten mit einem Bleistift eine Linie entlang der Kompasskante.

Diesen Vorgang wiederhole ich mit allen anderen markanten Punkten die ich anpeilen kann und ermittle somit meinen genauen Standort auf der Karte. Je mehr Linien ich einzeichnen kann, desto genauer ist die Bestimmung. Auch hieruzu hat Kai Sackmann ein super anschauliches Video erstellt.

Bestimmung eines markanten Punkts bei bekanntem Standort

Diese Technik nennt man vorwärts Einschneiden und kann dazu genutzt werden, einen markanten Punkt oder z.B. einen Berg, den ich in meiner Umgebung erblicken kann, zu bestimmen. Das kann z.B. in der Rhön, wo es sehr viele Bergkuppen gibt, sehr hilfreich sein um eine der zahlreichen Erhebungen auf der Karte ausfindig zu machen um danach evtl. den Weg dorthin besser planen zu können.

Als erstes peile ich dazu den gewünschten Punkt an und lese die ermittelte Richtung ( Grad ) auf der Kompassrose ab. Danach lege ich den Kompass wieder auf die Karte und zwar mit der Kante genau an den Standort an dem ich mich befinde. Dort fixiere ich den Kompass grob in Richtung der Peilung mit einem Finger und verdreh diesen danach soweit, bis die Nord- / Südlinien auf dem Boden der Kompassdose exakt paralell oder direkt auf einer Linie des Gitternetz auf der Karte verlaufen. 

Mit einem Bleistift ziehe ich erneut eine Linie von meinem Standort in die angepeilte Richtung und kann anhand der Linie den gewünschten Punkt idetifiziern. Hierfür ist es nicht notwendig die Karte vorher einzunorden.

Marschrichtung & Marschzahl

Will man sich z.B. auf einem Gletscher orientieren wenn das Wetter schlecht ist und man außer viel Eis und Schnee kaum etwas zu sehen ist, kann die Marschrichtung bzw. die Marschzahl sehr hilfreich sein. Um die Marschzahl zu ermittel muss ich mein Ziel, evtl einen Gipfel, anpeilen. Im besten Fall sehe ich diesen und kann mit Hilfe des Kompass das Ziel anwiesieren und die Kompassdose wieder solange drehen bis die Nadelspitze genau auf die N-Markierung der Kompassrose zeigt.

Jetzt kann ich meine Marschzahl in Grad ablesen. Wichtig, die ermittelte Marschzahl bleibt auf dem Kompass eingestellt. Nun kann ich unterwegs immer wieder auf den Kompass schauen und die Marschrichtung anhand der Marschzahl überprüfen bzw. anpassen. Dazu drehe ich den Kompass wieder bis die Nordspitze der Kompassnadel exakt auf der Nordmarkierung liegt und ich kann das Ziel über Peilloch und Kimme wieder anwiesieren.

Das ganze klappt auch wenn ich nur meine Karte zur Hand habe und mir mein Standort und das Ziel bekannt sind. Dazu die Kompasskante an bei Punkte anlegen, die Kompassdose so lange drehen bis die Nordspitze der Nadel auf die Nordmarkierung zeigt, und schon kann ich die Marschzahl ablesen.

Der Planzeiger

Ein Planzeiger ist ein sehr nützliches Hilfsmittel beim Arbeiten mit Karten im Maßstab 1 : 25000 oder 1 : 500000. Er besteht aus einem transparenten Kunsttoff und ist dadurch ideal zum Arbeiten auf der Karte gedacht. Neben zahlreichen Skalen zur Entfernungsmessung und der Bestimmung der Hangneigung kann man ebenfalls mit dem Kartenwinkelmesser der Richtungswinkel ablesen. Hilfreich dabei ist die Peilschnur die im Kreismittelpunkt des Winkelmessers angebracht ist.

Wer sehr geduldig ist und die Peilschnur entlang eines bestimmten Weges legt, kann dadurch auch die Länge eines bestimmten Abschnitts errechnen. Das ist allerdings eine sehr fuddelige Angelegenheit.

Die Peilschnur ist gut 60 cm lang und kann dadurch ideal genutzt werden um weit entfernte Ziele auf einer Karte anzupeilen. Das geht mit dem Planzeiger deutlich besser als nur mit einem Kompass.

Workshop

Wenn Du Dich noch näher mit der Thematik auseinander setzen möchtest kann ich dir, wie oben schon mehrfach erwähnt, die Videos von Kai Sackmann von Sacki Survival empfehlen. Er erklärt in insgesamt 14 Videos sehr ausführlich und verständlich den Umgang mit Karte und Kompass. Und das ganze viel besser als ich es hier schriftlich tun könnte.

Das Buch Orientierung mit Karte, Kompass, GPS von Wolfgang Linke im Delius Klasing Verlag erschienen ist ebenfalls sehr gut. Jedoch geht es hier schon deutlich ins Eingemachte und man bekommt wirklich sehr viele Informationen. Ich habe bei manchen Kapiteln mehrere Anläufe gebraucht um zu verstehen was ich da grade gelesen habe.