Über die DAV Sektion Fulda hatte ich einen 5 tägigen Eis- und Hochtourenkurs gebucht, welcher im Kaunertal in den Ötztaler Alpen stattfand. Das Tal, welches eins von drei parallelverlaufende Tälern ist ( Ötztal / Pitztal / Kaunertal ), liegt im österreichischen Bundesland Tirol. Von Deutschland aus erreicht man die nord-südlich verlaufenden Täler über den Fernpass von Füssen aus kommend. Bei Imst im Inntal folgt man dann der guten Beschilderung ins jeweilige Tal.
Anreise am ersten Tag erfolgte also bis ans Gepatschhaus, welches 1873 als erste deutsche Alpenvereinshütte in Österreich erbaut wurde. Die Hütte liegt oberhalb des Gepatschspeichers und dient als Ausgangspunkt für viele Wanderungen, Berg- und Gletschertouren. Auf 1928 Metern liegt die Alpenvereinshütte, welche von der DAV Sektion Frankfurt a.M. betreut wird. Von der Terrasse hat man schon einen tollen Blick auf die Gletscherriesen welche den Talschluss bilden.
Nach dem das Quartier für die folgenden beiden Nächte bezogen war und wir uns bei zünftigem Abendessen gestärkt hatten gab es von den Ausbildern ( JoJo & Stephan ) noch etwas Knotenkunde und eine Trockenübung für die Lose-Rolle.
Lose Rolle bezeichnet ein Verfahren zur Spaltenbergung, welches jeder Teilnehmer beherrschen sollte bevor es richtig auf’s Eis geht.
Die wichtigsten Knoten die man dabei benötigt sind:
- Achterknoten
- Doppelter Bulin
- Sackstich
- Spierenstich
- Schleifknoten
- Prusikknoten
Lose Rolle
Sitzen die Knoten alle kann man sich an die Übung zur Spaltenbergung wagen. Hierbei muss sich die Seilschaft ( mind. 3 Personen welche alle an einem Seil eingebunden sind ) quasi auflösen um die Person, welche in die Gletscherspalte gefallen ist, zu bergen.
Damit sich aber keiner ungesichert auf dem Eis bewegt, verbindet jeder seinen Klettergurt bei der Losen Rolle mit einer 6 mm Reepschnur und einem Prusikknoten am Seil und löst den eigentlichen Anseilknoten. Somit sind die Personen immer noch fixiert, können sich aber freier bewegen.
Jetzt muss noch ein Ankerpunkt angebracht werden. Der sogenannte „Tote Mann“ kann z.B. mit Hilfe von Eisschrauben, einem Eispickel oder einem Rucksack eingerichtet werden.
Hat man den T-Anker eingerichtet und die Last der gestürzten Person auf diesen Fixpunkt abgegeben, wird das freie Seilende als Schlaufe zu dem Verunfallten herunter gelassen und dieser hängt sich über einen Karabiner in das Seil ein.
Mit einem weiteren Eispickel wird an der Spaltenkante verhindert dass sich das Seil tiefer ins Eis einschneidet, und die Gruppe kann mit Hilfe des Flaschenzugsystems die Person aus der Spalte befreien.
Eine detailliertere Beschreibung dieser Methode findet Ihr hier.
Erster Tag auf dem Gletscher
Am Morgen des ersten Eistages erfolgt nach einem ausgiebigen Frühstück der Ausrüstungscheck. Jeder packt seinen Rucksack mit dem nötigsten an Verpflegung und Material was für den ganzen Tag benötigt wird.
Was benötige ich eigentlich für eine Eis und Hochtour über mehrerer Tage?
- Funktionskleidung
- 2 Paar Socken ( Merino )
- 2 Unterhosen kurz ( Merino )
- 1 Unterhose lang ( Merino )
- 1 Unterhemd lang ( Merino )
- 2 Merinoshirts
- 2 Hosen ( wind- und wasserabweisend )
- 1 Regenhose zum überziehen
- 2 Pullover / Fleece-Pullover ( am besten dünn und warm )
- Windweste
- Hardshelljacke
- Halstuch ( Buff )
- Handschuhe ( Merino )
- Mütze ( Merino )
- Hüttenschuhe ( leichte Turnschuhe )
- Steigeisenfeste Bergstiefel
- Steigeisen
- Eispickel
- Gamaschen
- Helm
- Gletscherbrille / Sonnenbrille
- Sonnencreme und Lippenstift mit UV Schutz
- Hüttenschlafsack
- Microfleece-Handtuch
- Waschtasche ( Zahnbürste, Zahnpasta, Duschgel usw. )
- Klettergurt
- 3 bis 4 HMS Schraubkarabiner
- 2 Schnappkarabiner
- Mehrerer Prusikschlingen in unterschiedlichen Längen ( 1 m, 2 m und 4 m )
- 1 bis 2 Eisschrauben
- Einfachseil 50 bis 60 m ( am besten imprägniert )
- Stirnlampe
- Biwaksack
- GPS Gerät
- Kartenmaterial
- Kompass
- Rucksack ( 30 bis 40 L )
- Trinkblase oder Flasche
Optimalerweise bleibt man bei dem ganzen Material im Rucksack unter 10 Kilogramm.
Mit dem Auto gelangt man vom Gepatschhaus über die Kaunertaler Gletcherstraße etwa in 25 Minuten hoch zur Bergstation am Gletscher-Restaurant Weißsee. Von hier aus geht es erst mal ohne Steigeisen bis zum Rand des Weißseeferners. Einerseits eine tolle Erfahrung, andererseits erschreckend zu sehen wie wenig jetzt im Hochsommer von dem einst so mächtigen Gletscher noch übrig ist. Genauso schlimm fand ich es zu sehen, wie viel Müll dort auf dem Berg liegt. Teilweise ist dies wohl Müll aus der letzten Skisaison und teilweise sind das auch Überreste aus vergangenen Tagen, die der abtauende Gletscher nun frei gibt.
Aber trotz alle dem sind die ersten Schritte mit den nagelneuen G12 Steigeisen von Grivel ein cooles Erlebnis. Sobald diese mit dem Zugsystem und dem Kipphebel perfekt an den bedingt Steigeisenfesten Stiefeln von Mammut angelegt sind, geht es auch schon mit den grundlegenden Dingen auf dem Eis los. Wie bewege ich mich in diesem Gelände fort? Es geht bergauf und bergab. Mal mit seitlichen Schritten, mal mit großen Schritten über einen Wasserlauf. Hier und da nur mit den Frontalzacken der Steigeisen und dann wieder ganz normal.
Weiter geht es mit dem Aufbau der Seilschaften. 3 Personen bilden idealerweise eine Seilschaft. Die beiden Personen am Anfang bzw. dem Ende des Seils binden sich ganz normal am Anseilring des Klettergurt ein und nehmen noch einige Schlaufen Seil zusätzlich am Körper auf. Derjenige der in der Mitte des Seils läuft befestigt das Seil mittels einem gelegten Achterknoten und einem Belay-Karabiner am Gurt.
Zwischen den einzelnen Mitgliedern der Seilschaft sollten sich nun etwa 8 bis 10 Meter Seil befinden. Und dann geht’s auch schon los. Das Seil möglichst immer straff gespannt, so werden weitere Höhenmeter erklommen. Das Wetter wurde nun ein bisschen besser und an einem etwas steileren Bereich unterhalb einer größeren Felsformation fanden wir den richtigen Platz um ein paar weitere Übungen durchzuführen.
Wie fange ich mich ab wenn ich an einem steilen Hang auf Schnee oder Eis abgehe? Es galt sich also nun in den Schnee zu schmeißen und sich dann möglichst schnell auf den Bauch zu drehen um sich erst nur mit den Ellenbogen und später mithilfe des Eispickels abzufangen und die Talfahrt zu beenden.
Nachdem sich jeder einige Male gen Boden geschmissen hatte. Ging es nochmals in steileres Gelände um im vereisten Bereich mit Eisschrauben zu hantieren und damit einen Standplatz für die Seilschaft einzurichten, bzw ein Fixseil anzubringen.
Faszinierend wie locker flockig diese Dinger im Eis verschwinden und was Sie dann auch noch für einen Halt bieten.
Am späteren Nachmittag ging es dann bei tollem Wetter zurück zum Gepatschhaus um den Tag bei einem genüsslichen Abendessen Revue passieren zu lassen. Zur Nachruhe wurde sich dann im Matratzenlager mit Platz für 12 Leute gebettet.
Ein toller erster Tag auf Eis!
Tourinfo
Schwierigkeit
mittel
Streckenlänge
5,8 km
Dauer
7 Std
Aufstieg
296 m
Abstieg
270 m
GPS Download
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